Acht Tage auf See.

Acht Tage auf See.

Beitragvon -sd- » 23.12.2018, 21:58

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Acht Tage auf See.

Der Zug der Salzburger nach Ostpreußen erfolgte nur zum geringen Teil im Treck über Land
in acht verschiedenen Abteilungen. 4.387 Personen mit 1.167 Pferden und auf 780 Wagen
gelangten auf diese Weise in ihre neue Heimat. Preußische Kavalleriekontingente schützten
die Trecks beim Wege durch polnisches Hoheitsgebiet.

Die Mehrzahl der Einwanderer wurde aber von Pommern aus verschifft. Die Gebirgsbewohner,
die das Meer nicht kannten, hatten Furcht vor der Seereise, und die ihnen mitgegebenen
Prediger mußten ihnen gut zureden und wußten sie mit Beispielen aus der Bibel zu trösten.

Bequem waren die damaligen Segelschiffe nicht, und widriges Wetter teilte sich den Passa-
gieren übel mit. Im Juli 1732 schrieb der Prediger J. F. Bräuer von Gumbinnen aus einen
Bericht über die Schiffsreise, die er von Stettin mit 255 Salzburgern, darunter alten Leuten,
Frauen und Kindern, von denen einige starben, nach Königsberg unternommen hatte.
Die Reise dauerte acht Tage. An einem Tage, dem 23. Mai, heulte ein böser Sturm und
wühlte die See auf. Der geistliche Transportführer berichtet: "Die lieben Leute seufzten sehr
zu Gott. Weil nun die Schiffer viel zu tun hatten bei solch stürmischem Wetter, machte ich
den Anfang, die Betstunde unten zu halten, wo sie lagen, damit ich ihnen oben nicht möchte
hinderlich sein, oder auch selbsten ins Wasser fallen, welches gar bald geschehen kann.
Gott hat mir dabei noch immer geholfen. Wenn ich herunter ging, war mir nicht anders,
als wenn ich in eine heiße Stube käme, so warm war es von dem Schwitzen des Volkes.
Die Betstunde hielt ich also: ich setzte mich auf eine Leiter; die Leute aber lagen auf ihrem
Lager und hörten zu. Den Patienten gab ich die Arznei selbst ein und mußte also unten
herumgehen. Es fand sich auch großes Ungeziefer von der Menge des Volkes . . .

Mein Schiffer und die Ruderknechte waren auch krank. Fast ganz allein war ich noch gesund.
Nachmittags aber befand ich mich so übel, dass ich nicht zu bleiben wußte. Ich legte mich
nieder, um ein wenig zu schlafen. Allein vor großer Bewegung des Schiffes konnte ich nicht.
Legte ich mich ein wenig drauf, lag ich gleich wiederum auf der Erde. Ich mußte mich also
auf die Erde hinlegen. Allein auch da konnte ich nicht stille liegen. Daher mußte ich stehen
und mich an einem Strick festhalten. Der Schiffer hinterbrachte meinen lieben Salzburgern,
daß ich krank wäre. Sie kamen darauf gleich in meine Kajüte und fingen an zu weinen. Ich
fragte sie, warum sie denn so weineten ? Sie gaben zur Antwort: Ja, der Pfarrer wird uns
sterben, wer wird uns die Betstunde abhalten ? Ich erwiderte: ich sterbe nicht. Ich werde
leben und euch das Wort Gottes verkündigen. Sie versetzten darauf: Der Herr Pfarrer sieht
aber schlimm aus; der Herr Pfarrer wird sterben. Ich sah die Leute an und seufzte zu dem
lieben Gott, er solle mich doch stärken und sie in ihrem Unglauben beschämen. Ich bekam
auch bald solche Stärkung, daß ich mit ihnen gehen konnte. Ich sagte zu ihnen: sehet, mir
fehlet nichts ! Ich zeigte mich auch den Andern auf dem Schiff. Was da für eine Freude war,
kann ich hier nicht ausdrücken. Ja, einige wurden dadurch selbst wieder lebendig und fingen
an, mich zu küssen". Diese Schilderung gibt die Stimmung der Gebirgler wieder, die sich auf
dem Wasser elend und verlassen fühlten, als ihr Tröster und Aufrichter selbst krank wurde,
und hinterläßt uns eine Vorstellung von den Beschwerlichkeiten einer damaligen Schiffsreise.

Quelle: OSTPREUSSENBLATT, 20. Mai 1951

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Insgesamt legten 54 Schiffe mit Salzburgern an Bord in Königsberg an. Die Überfahrten
dauerten von Mitte Mai bis Ende Oktober.

Ankunft in Gumbinnen.

Der erste Salzburger-Treck verließ Königsberg am 10. Juni 1732 mit sechzig Wagen und langte
am 17. Juni in Gumbinnen an; ein zweiter folgte am 21. Juni. Beide Züge wurden feierlich
von den Geistlichen und der Schule eingeholt. Mit dem Gesang "Der Herr ist mein Hirte"
zogen die Salzburger in die neugegründete Stadt ein, wo sie vor dem Rathaus der Pfarrer in
einer erbaulichen Rede begrüßte; dann wurden ihnen Quartiere angewiesen. Ein feierlicher
Gottesdienst schloß am nächsten Tage gleichsam als Dankfest die lange Reihe von kirchlichen
Festen ab, die den pilgernden Glaubensbrüdern zu Ehren von Kaufbeuren (Bayern) bis Gum-
binnen veranstaltet waren.

Zum feststehenden Gedenktag der Salzburger-Einwanderung wurde später der Jakobitag
(25. Juli) erwählt, während sich doch die Ankunft der ersten Züge bereits vier Wochen früher
ereignete. Am 25. Juli hatten alle achthundert Angehörigen dieser beiden Trecks bereits
feste Wohnsitze erhalten, so gut war vorgesorgt worden. Dreihundert kamen nach Trakehnen,
die übrigen wurden auf die Ämter Stanaiten, Plicken, Maygunischken, Brakupönen und Szir-
gupönen verteilt. Einige gingen nach der neuen Stadt Darkehmen und eine nicht geringe
Anzahl blieb in Gumbinnen selbst. Die Alten und Schwachen fanden später in den vom König
geschenkten Häusern des Salzburger Hospitals Pflege und Unterkunft.

Quelle: OSTPREUSSENBLATT, 20. Mai 1951

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