Kreisgemeinschaft Schloßberg / Pillkallen.

Teilweise mit Nennung zugehöriger Orte, Landkarten, Stadtpläne.

Kreisgemeinschaft Schloßberg / Pillkallen.

Beitragvon -sd- » 07.11.2014, 18:16

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Bei der Kreisgemeinschaft Schloßberg/Pillkallen bin ich
für das Sachgebiet Chroniken verantwortlich und helfe
so auch im weiteren Sinne bei der Familienforschung.

In unserer Kreiskartei sind etwa 80 Prozent der Einwohner
von 1944 gelistet, das sind rund 35.000 Einträge.
Kreiskarteien beruhen nicht auf amtlichen Unterlagen,
sondern sind eine Sammlung von gemeldeten Namen
nach der Flucht von 1945.

Martin Kunst

Die Anschriften der Kreisgemeinschaften - das ist wohl
immer die erste Wahl für Anfänger in der Familienforschung -
ist hier zu finden:

http://www.ostpreussen.de/lo/gliederung ... aften.html

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Chronik des ostpreußischen Grenzkreises Schloßberg / Pillkallen.
2. Band 'Kirchspiel Kussen'. 517 Seiten.

Die o. g. Chronik ist überarbeitet und nun käuflich zu erwerben bei der
Kreisgemeinschaft Schloßberg,
Rote-Kreuz-Straße 6, 21423 Winsen-Luhe.

Kirchspiel Kussen, Kreis Schloßberg / Pillkallen, die dazu gehörigen
historischen Dörfer und Wohnplätze mit vorhandenen Prästations-
tabellen und Mühlenconsignationen.

Ackermüle, früher, Jodszen K
Belsen, früher, Belsen
Buden, früher Budupönen K
Bühlerhof, früher, Kischenbannies
Dauden, früher, Dauden
Deihornswalde, früher, Draugupönen
Dudenwalde, früher, Duden K
Eschenhöhe, früher, Budszuhnen
Grundweiler, früher, Schwarballen
Hansruh, früher, Jänischken
Heinrichswalde, früher, Heinrichsfelde Gut.
OT Weizenfelde, früher, Baltadonen
Hensken, früher, Henskischken
Kiefernberg, früher, Eggleningken
Kiesfelde, früher, Buczen
Kussen, früher, Kussen
Lorenzen, früher, Laugallen K
Michelfelde, früher, Kögsten
Mingen, früher, Mingstimmehlen
Radenau, früher, Radszen K
Schwaighöfen, früher, Kalbassen
Siebenlinden, früher, Septinlöpen
Spullen, früher, Spulen.
OT Bärenhöfen, früher, OT Meschkuppen Gut
Stahnsdorf, früher, Bednohren
Steinershöfen, früher, Kiggen
Stutbruch, früher, Eymenischken-Wassaken
Urlau, früher, Urblaugken
Vierhöfen, früher, Bludszen
Wallinden, früher, Wallindszen
Werben, früher, Antmirehlen
Wiesenbrück, früher, Mingstimmen
Wildnisrode, früher, Wassantkehmen

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Kussen, Kreis Schloßberg / Pillkallen.

Der Kreis Pillkallen bestand aus zwölf Kirchspielen bzw. Teilen davon.
Kirchen im Kreis gab es in Pillkallen (Schloßberg ab 1938),
Lasdehnen (Haselberg),
Schillehnen (Schillfelde),
Schirwindt, Willuhnen,
Gr. Warningken (Steinkirch),
Kussen,
Mallwischken (Mallwen),
Gr. Schorellen (Adlerswalde).

Teilgebiete gehörten zur Kirche in Rautenberg,
Wedereitischken (Sandkirchen)
und Trappönen (Trappen).

Martin Kunst
(geboren in Kermuschienen Kreis Pillkallen)

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Die Kreisgemeinschaft Schloßberg vertreibt seit 2006 die Schrift

Gerhard Turner
'Der Untergang meines Heimatkreises Schloßberg / Ostpreußen -
Bericht über den Abwehrkampf der 1. Infanterie-Division 1944/45 im Landkreis.'


Mit Karten und Fotos, 97 Seiten, broschiert.

http://www.ahnen-navi.de/ahna-bilder/G_ ... ssberg.pdf

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Kreisgemeinschaft Schloßberg / Pillkallen.

Beitragvon -sd- » 03.02.2019, 20:29

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Kreis Pillkallen (Schloßberg), Regierungsbezirk Gumbinnen:
http://wiki-de.genealogy.net/Portal:Pillkallen


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Pillkallen - Die Stadt der Krüger.

Beitragvon -sd- » 15.12.2021, 13:07

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PillkallenDie Stadt der Krüger.

Eigentlich heißt die Stadt Pillkallen Schloßberg. Nicht nur in den letzten acht Jahren
vor dem Kriegsende, sondern bereits seit Bestehen der Ortschaft überhaupt. In den
alten 'Ragniter Hausbüchern' wird erstmals im Jahre 1516 von dieser Siedlung unter
der Bezeichnung "Schlosbergk" gesprochen. Dem anwachsenden Orte bleibt dieser
deutsche Name bis weit in das 16. Jahrhundert hinein treu. Erst als durch Siedlungs-
maßnahme Herzog Albrechts und seiner Nachfolger mehr und mehr litauische Flücht-
linge in diesem Gebiet seßhaft werden, setzt sich allmählich die litauische Über-
setzung von Schloßberg "Pillkallen" durch.

Beide Ortsbezeichnungen, ob Deutsch oder litauisch, meinen ein und dasselbe: Den,
natürlich gewachsenen Berg, der sich sanft ansteigend aus dem Gelände erhebt und
wohl im Geschiebe der Eiszeit als Aufpressung einer Grundmoräne in einem Hohlraum
entstanden sein mag. Möglich ist, daß diese Anhöhe, zu deren Füßen sich deutsche
und dann später litauische Siedler niederließen, einst eine Holzburg als Kennzeichen
des Stammsitzes prussischer Häuptlinge getragen hat und daher zu der anspruchs-
vollen Bezeichnung Schloßberg (litauisch: pilkalnis) gekommen ist. Gewiß ist, daß
sich erste Ansiedler an der Ostseite des Schloßberges niederließen, weil diese, un-
geachtet der schwierigen Geländeverhältnisse die günstigere Wassernutzung bot.
Männer, die den "Ragniter Hausbüchern" zufolge, die Namen Manigkus und Jagel
trugen, scheinen zu den ersten Siedlern dieser Ortschaft gehört zu haben.

Vom Jahre 1516 ab mehren sich die Nachrichten über Ansiedlungen am Fuße des
Schloßberges. Auch die umliegenden Gelände wurden nach und nach besiedelt. Der
Initiative des letzten Ordenshochmeisters Albrecht von Brandenburg ist es in der
Hauptsache zu verdanken gewesen, daß die Besiedlung und Kolonisation des ehe-
maligen Wildnisgürtels, der sich im geschwungenen Bogen zwischen Ordensland
und Litauen erstreckte - zu dessen Bereich Schloßberg gehörte - in Angriff
genommen wurde. Da es an genügend deutschen Siedlern fehlte, wurden Flücht-
linge aus Litauen, die die Grenze geheim überschritten hatten und im geordneten
Ordensland bessere Lebensbedingungen erhofften, gern aufgenommen. Blockhäuser
und Lehmhütten scheinen, da es an genügend Steinen fehlte, die ersten Behausungen
der Siedler gebildet zu haben. Wald mußte gerodet, das Land urbar gemacht, der
Kampf mit wilden Tieren und räuberischen Banden aufgenommen werden. Nur karge
Erträge konnten eingebracht werden. Darum wird der Ragniter Komtur Melchior von
Petzschen, dem die Verwaltung des Schloßberger Bereichs unterstand, es nicht leicht
gehabt haben, von dem an die Siedler verliehenen Land einen Zins für die Komturei-
kasse einzutreiben. Erst allmählich setzte sich als gängige Abgabe der sogenannte
Grundzins, der auch Hufenschoß genannt wurde, durch. Zu bemerken ist, daß das Land
nach wie vor Eigentum des Ordens blieb und den Wildnisbauern gegen Zins zu eigener
Nutznießung zugesprochen wurde, „auf dass sie und ihre Nachkommen, sofern sie
sich von der Frucht des erhaltenen Ackers nährten, alle Rechte genießen und den Zins
zahlten, erb- und ewiglich".

Mit besonderen Freiheiten, wie sie z. B. das "Kölmer-Recht" einräumte, waren diese
"Pächter" nicht bedacht. Vor dem damaligen Bauernstande hatten sie jedoch das eine
voraus, daß sie zu irgendwelchen Herrendiensten nicht verpflichtet werden konnten.
Der Komturei Ragnit, die bei der Umwandlung des Ordensstaats in ein weltliches Herzog-
tum zum "Amt Ragnit" wurde, hatten sie lediglich die zur Erhaltung der Wege, Brücken
und Schleusen erforderlichen Hand- und Spanndienste zu leisten. Vom Amte Ragnit auch
wurde das gesamte Gebiet, zur verwaltungsmäßigen Erleichterung in Schulzenämter ein-
geteilt, die durch sogenannte "Berittschulzen" oder auch "Wildnisreiter" ausgeübt
wurden. Später übernahmen die Schulzen nur noch die Verwaltung der eigenen Dörfer.

Im Jahre 1580 hat Schloßberg, wie urkundliche Eintragungen besagen, bereits Kirchdorf-
größe erreicht, umfaßte 20 ½ Hufen, 5 Morgen, 190 Ruten Land, hatte aufgehört ein
Zinserdorf zu sein und zählte 11 Brod (Scharwerke) zu seinem Gelände. Wer die erste
Kirche in Schloßberg gegründet hat, ist nicht erwiesen. Auch steht nicht fest, ob sie
tatsächlich, wie einige Chroniken zu berichten wissen, auf dem Schloßberg gelegen hat.
Erwiesen ist jedoch, daß sich bereits im Kirchdorfe Schloßberg eine ausgedehnte Krug-
wirtschaft entwickelte, die von „ziemlicher Nahrung'' war und zum Aufblühen der
Siedlung nicht unbeträchtlich beigetragen hat.

Als erster Krugwirt in Schloßberg wird Burghard von Stein genannt, der seinen Betrieb
so ausweitete, daß er den Bedürfnissen der damaligen Zeit vollauf genügte. Bis dahin
war es üblich gewesen, daß jeder Siedler sein eigner Krugwirt war, indem er sich sein
Bier selbst braute. Als sich jedoch der Verkehr im Lande lebhafter entwickelte, wobei
jede Reise bei den damaligen mangelhaften Wegeverhältnissen viele Tage in Anspruch
nahm, erteilten die Komtureien verschiedenen Bauern, die nahe der Landstraße wohnten,
ein Krug- und Herbergsrecht. Die Inhaber dieses Rechts durften Durchreisenden Speise
und Trank gegen Entgelt vorsetzen und auch Herberge gewähren. Den Krugwirten er-
wuchs aus dieser Entwicklung sehr bald eine gute Einnahmequelle. Als sich aus der
Herstellung von Bier ein blühendes Gewerbe zu entwickeln begann, nahm die Komturei
Ragnit die Brauerei zu Anfang des 16. Jhdts. unter Aufsicht und belegte sie mit einer
Abgabe. Das Brauen von Bier war nur noch unter der Bedingung gestattet, daß dafür
die vorgeschriebene Abgabe entrichtet wurde. Darüber hinaus wurden die Krüger ver-
pflichtet, daß von der Komturei und später von dem Amte selbst gebraute Bier zu be-
ziehen, weil sich Ragnit diese gute Einnahmequelle nicht entgehen lassen wollte. Die
Krüger, besonders die entfernt wohnenden, litten unter dieser Verordnung empfindlich,
zumal die umständliche Beschaffung des Biers und dessen Monopolisierung zur unnö-
tigen Verteuerung des Getränks und Verringerung des Umsatzes führte. Dennoch kam
es bereits im Jahre 1611 zur Eröffnung einer zweiten Krugwirtschaft in Schloßberg
durch Stenzel Jucknaitis. Im Jahre 1612 tat sich dazu noch ein dritter Krug auf. Diese
Krüge wurden bald zur Berühmtheit in der ganzen Gegend und haben eine Tradition
begründet, die bis zur jüngsten Vergangenheit diese Stadt weit über die Grenzen der
Heimat hinaus bekannt gemacht hat.

Eine weiter günstige Entwicklung nahm das Krugwesen in Schloßberg, als im Jahre
1640 dem Landschöppen Friedrich Sturm durch Georg Wilhelm nicht nur das Krugrecht,
sondern gleichzeitig die Befreiung von der für alle übrigen Krugwirte bis dahin gelten-
den Verpflichtung erteilt wurde, sämtliche Waren bei dem Ragniter Kaufmann Löbel
zu beziehen. Auf Grund dieser landesherrlichen Verfügung wurde es Sturm möglich,
selbst eine eigene Brauerei in Pillkallen, wie das Kirchdorf nun allgemein genannt
wurde, zu errichten und selbst gebrautes Bier zu verkaufen. Lange Zeit hindurch
wußte sich die Familie Sturm das ihr verliehene Recht als Alleinrecht zu erhalten.
Bis auf geringe Einschränkungen bestand es fast bis zum Ende des 18. Jhdts., als
es durch neue Gewerbevorschritten ersetzt wurde.

Für den Ort selbst war die Gründung einer eigenen Brauerei von großer Wichtigkeit.
Bot sie doch für den heimischen Getreidebau erwünschte Absatzmöglichkeiten. Es
darf auch angenommen werden, daß das in Pillkallen gebraute Bier nicht nur in dem
Dorfe selbst verbraucht wurde. Viele Krüger aus der Umgebung werden dem Amte
Ragnit nur zu gern ein Schnippchen geschlagen und der Einfachheit halber bei
Friedrich Sturm ihr Bier bezogen haben. Gerade in der Zeit der allgemeinen Rechts-
lockerung, als Auswirkung des Dreißigjährigen Krieges, wird eine Umgehung der Ver-
ordnung unschwer möglich gewesen sein. Auch lassen Anzeichen darauf schließen,
daß das Biermonopol für Pillkallen allgemein recht milde gehandhabt worden ist. Denn
etwa zwanzig Jahre später wurden weitere Brauereien in Pillkallen gegründet. Im letzten
Drittel des 18. Jhdts. wurde es üblich, daß die mit Ländereien reich versehenen Groß-
bürger des Orts fast sämtlich dazu übergingen, nicht nur Brauereien, sondern auch
Schnaps-Brennereien einzurichten. An Gerste und Korn war kein Mangel. Für Bier und
Schnaps bestand großer Bedarf. Im Laufe der Zeit entwickelten die Pillkaller Brennereien
eine gewisse Spezialität guter Schnapsarten. Der "Pillkaller", ein kräftigen Korn, zu dem
eine dicke Scheibe Leberwurst mit Senf gehörte, wurde über die Landesgrenzen hinaus
bekannt und berühmt. Jeder Besucher Ostpreußens hielt es bis in die letzten Jahre
hinein für unerläßlich, die Bekanntschaft mit diesem und anderen Pillkaller Schnäpsen
gemacht zu haben. Das haben die Pillkaller so an sich ! Prost, prost, prost!" ertönte
in Dreiklangintervallen kräftiger Männerkehlen der Schlachtgesang aller trinkfreudigen
einheimischen und zugereisten Pillkaller. Die durch die Krugwirtschaft, Brauerei- und
Brennereiwesen bedingte Wohlhabenheit des Orts erhöhte sich, als durch die Ernennung
zur Kreisstadt (1818) fruchtbares Hinterland zu Pillkallen geschlagen wurde. Pillkallen
wurde in der Folgezeit zur einzigen Stadt Ostpreußens, in der keine Bürgersteuer gezahlt
werden brauchte. Damit in Zusammenhang mag eine gewisse Leichtlebigkeit der Pill-
kaller stehen, die von der Gesetztheit der Bewohner der übrigen Landstädte beachtlich
abstach und dazu führte, daß nicht nur die Pillkaller Schnäpse, sondern auch Pillkaller
"Wippchen", d. h. Späße allgemein bekannt wurden.

Indessen schritt die Entwicklung der Stadt stetig voran. Wohl gab es zur Zeit der Re-
gierung Friedrich I., der sich in Königsberg zum König von Preußen hatte krönen lassen,
wirtschaftliche Rückschläge, die mit verwaltungsmäßigen Mißständen verknüpft waren.
Dazu kamen die bösen Jahre der Hungersnot und Pest (1707), die auch unter der Pillkaller
Einwohnerschaft erhebliche Lücken entstehen ließen. Erst der Tatkraft Friedrich Wilhelm I.
gelang es, einen grundlegenden Wandel zum Guten in dem verarmten und entvölkerten
Gebiet herbeizuführen. Sein 'Retablissement' - eine grundlegende Verwaltungserneuerung
für Preußen - und die Ansiedlung von Hugenotten, Holländern und schließlich von Salz-
burgern, die in den Religionswirren der damaligen Zeit nach neuen Heimstätten unter-
wegs waren, halfen dem Lande und damit auch Pillkallen wieder auf. Gewährung zahl-
reicher Vorrechte führte zum wirtschaftlichen Wohlstand der Neuansiedler. In jener Zeit
entstand in Pillkallen eine reformierte Kirche, die den Erfordernissen der französischen
Emigranten sowie den aus der Schweiz Zugewanderten entsprach. Erst im Jahre 1818
wurde die reformierte Kirchengemeinde mit der evangelischen vereint. Da die Salz-
burger Einwanderer größtenteils auf dem flachen Lande ansässig gemacht wurden,
nahm Pillkallen (1732) nur 16 Salzburger Familien auf, die sich durchweg durch Tüch-
tigkeit und Sparsamkeit auszeichneten und deren Namen bald in den Listen der Rats-
verwandten auftauchten.

Von der Erkenntnis geleitet, daß die Landwirtschaft zum Gedeihen entsprechende Ab-
satzstätten haben müßte und um auch der Intelligenz des Landes allgemein fördernde
Mittelpunkte zu schaffen, ging Friedrich Wilhelm I. auch daran, eine Anzahl größerer
Kirchdörfer zu Städten zu erheben. Auch das Kirchdorf Pillkallen gehörte dazu und er-
hielt im Jahre 1724 die dafür erforderlichen Rechte zugesprochen. Die Erlaubnis
Jahrmärkte abzuhalten schloß sich 1727 an, wonach bestimmt wurde, daß man im
Jahre vier Jahrmärkte einzurichten habe, da sie „zur Aufnahme des Handels und zur
Vermehrung der dortigen Accise-Revenue" notwendig seien. Zur Zeit der Stadtwerdung
wurden der Stadt 5 Hufen Pfarrland und „des Köllmischen 12 Hufen, im ganzen 21 Hufen,
18 Morgen Land verliehen. Davon wurden 18 Hufen, 18 Morgen unter mehrere Bürger
erb- und eigentümlich verteilt und der Kämmerei 3 Hufen überlassen". Außerdem
gehörte noch eine Viehweide zum Stadtgelände.

Neben 108 Haupt- und Nebengebäuden, die den Bürgern der Stadt gehörten, gab es in
der jungen Stadt fünf königliche Gebäude, ferner ein Rathaus, die Garnison-Wache,
ein Spritzenhaus, Fourage-Magazin sowie Hirtenhaus. Danach war die Stadt schon
recht ansehnlich bebaut.

Im Laufe der Jahre nahm Pillkallen immer mehr ein städtischeres Gepräge an. Aus den
zahlreich ansässigen Bauern wurden nach und nach Kaufleute, Gasthofbesitzer und Ge-
werbetreibende. Die Zeit des Siebenjährigen Krieges brachte wohl für die Stadt mit der
fast fünf Jahre währenden russischen Besatzung, beträchtliche finanzielle Belastungen
und nahezu einen Stillstand in der gewerblichen Entwicklung. Doch setzte als Nach-
wirkung der Siege Friedrichs des Großen eine wirtschaftlich günstige Zeitspanne ein,
die die Notjahre des vergangenen Krieges schnell vergessen ließ. Auch Pillkallen blühte
auf. Häuser wurden gebaut und Straßen angelegt. Eine Wassermühle entstand zu den
drei Mühlen, die sich bereits auf dem Schloßberg und in dessen Nähe erhoben und
der Stadt ein charakteristisches Gepräge verliehen.

Zur Zeit des unglücklichen Krieges erhielt die Stadt erneut russische Einquartierung.
Darauf folgten die Franzosen, die noch weit anspruchsvoller in ihren Forderungen waren.
Der Tilsiter Friede setzte der Besatzung wohl ein Ende, brachte jedoch Geldentwertung
und erhebliche Kontributionslasten mit sich und bildete den Auftakt für eine Reihe böser
Notjahre. Auch den Durchzug der französischen Armee nach Russland im Jahre 1812
erlebte die Stadt. Ebenso den Rückzug der geschlagenen Franzosen und im Anschluß
die Besetzung durch Kosakenpulks. Nach den Befreiungskriegen setzte eine Spanne
gedeihlicher Entwicklung ein, die Pillkallen mit sieben Kirchspielen zur Kreisstadt werden
ließ. Ein Landratsamt wurde eingerichtet und eine gründliche Straßenpflasterung und
-verbesserung allgemein vorgenommen. Ein Amtsgericht entstand. Gute Chausseen zu
den Nachbarstädten wurden angelegt. Das Schul- und sonstige Bildungswesen nahm eine
günstige Entwicklung. Neben der Volks- und Mittelschule entstand eine höhere Privat-
schule für Knaben und eine Präparandenanstalt. Der Bahnanschluß der Stadt nach Stallu-
pönen im Jahre 1892 und brachte beträchtliche wirtschaftliche Belebung mit sich. Auch
eine Kleinbahnverbindung zu den größeren Kreisorten entstand in jener Zeit. Durch die
Bahn kam auch die Steinkohle nach der Stadt. Früher hatte man zum Heizen fast aus-
schließlich Holz und sehr viel Torf verwandt. Viele Gewerbetreibende erlangten so die
Möglichkeit, mit Dampfkraft zu arbeiten, so daß größere Tischlereien, ein Sägewerk
und eine Dampfmühle entstehen konnten. Auch Motoren kamen in einigen Gewerbe-
betrieben zum Einsatz. Um die Jahrhundertwende zählte die Stadt 3.916 Einwohner
und zeichnete sich durch ein recht gesundes Geschäftsleben aus, dessen Kennzeichen
Gediegenheit und Wohlhabenheit waren.

Pillkallen liegt im Grenzgebiet. Diese Grenzlage wurde zum Schicksal der Stadt. Schon
der Erste Weltkrieg zwang die Einwohnerschaft vor den einrückenden russischen Truppen
auf die Flucht. In Trecks und überfüllten Eisenbahnzügen ging es westwärts. Die Stadt
selbst wurde zum größten Teil zerstört. Erst nach den Siegen Hindenburgs im Frühjahr
1915 setzte die Rückkehr ein. Großzügige Hilfeleistung von Seiten des Staates und der
Patenstadt Breslau machte es möglich, daß der Wiederaufbau der Stadt bereits 1917
nahezu vollkommen durchgeführt war und seine endgültige Beendigung 1922 finden
konnte. Aus den Trümmern war die Stadt nach neuzeitlichen Gesichtspunkten wieder
großzügig und schöner denn je erstanden.

Wirtschaftliche Nöte, die durch die abgetrennte Lage der Provinz bedingt waren, blieben
auch der Landstadt Pillkallen in der Folgezeit nicht fremd. Dessen ungeachtet wuchs die
Stadt an, dehnte sich inmitten schöner Park- und Gartenanlagen behäbig und friedsam
aus. Bis es dann - bereits im Herbst 1944 - zu jenen furchtbaren Tagen und Wochen kam,
da die Räumung der Stadt von der Zivilbevölkerung durchgeführt werden mußte.

Niemand weiß heute Bestimmtes über Pillkallen zu sagen, das einstmals Schloßberg hieß.
Monatelang lag die Stadt unter Beschuß. Was an Gebäuden dabei übrig geblieben ist,
wird nicht gerade viel sein. Dennoch singen dort im Frühling die Lerchen und blühen
die Bäumte auf versteppten Ackerbreiten. Störche werden wohl wie immer durch hoch-
ragende Gräserflächen stelzen und Pillkallen/Schloßberg wird allen Umweltgeschehen
zum Trotz Heimat bleiben. Heimat allen jenen, die dort gelebt, gearbeitet, gesungen
und den „Pillkaller“ getrunken haben und dieser gemüthaften Stadt unablässig verbunden
bleiben. Dr. R.

Quelle: OSTPREUSSEN-WARTE, Juni 1952

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