'majorenn' und 'minorenn'.

Gängige Genealogie-Begriffe, Worte, Ausdrücke, Sachzusammenhänge.

'majorenn' und 'minorenn'.

Beitragvon -sd- » 20.04.2019, 20:00

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Wie alt waren majorenne und minorenne Kinder im 19. Jahrhundert,
und bezog sich diese Bezeichnung ausschließlich aufs Alter oder auch
auf den Familienstand ?



major - größer, volljährig.
minor - minderjährig.

Quelle: 'Latein I für Sippenforscher -
Grundriß der Genealogie.' Band 2. Starke Verlag:

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Die französischen Bezeichnungen 'mineur' und 'majeure' können
m.E. ganz allgemein "der/die jüngere" und "der/die ältere" heißen.

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Hilfreich beim Suchen der nachgelassenen Kinder eines Verstorbenen
ist der Hinweis, wieviele majorenne und/oder minorenne Kinder zurück
blieben.

Wie lange war man im 18. und 19. Jhdt. minderjährig/minorenn ?
Gab es ein festes Alter, wurden Männer und Frauen gleich behandelt,
waren früh Verheiratete automatisch eher mündig ?

Ulli Euent

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Hier ein hilfreicher Links zu deinen Fragen:
http://wiki-de.genealogy.net/Vollj%C3%A4hrigkeit

Die zitierte Vermutung sollte keinen auf die falsche Fährte locken.
Die Wörter bedeuten - genauso wie die veralteten deutschen Begriffe
majorenn und minorenn - volljährig bzw. minderjährig.

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> Wie alt waren majorenne und minorenne Kinder im 19. Jahrhundert, ...

In Dorflisten des 18. Jh. werden Kinder über 12 angegeben, bei den
Johannitern lag die Grenze zwischen Minorität und Majorität bei 16.

> und bezog sich diese Bezeichnung ausschließlich aufs Alter ?

Meines Wissens ja.

Gerd Schmerse

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Ich habe festgestellt, daß man majorenn und minorenn nicht unbedingt
an einem Alter festmachen kann. Oft werden so auch wirtschaftlich
selbstständige Kinder bezeichnet. Da kann die 25jährige Tochter, da
unverheiratet und noch bei den Eltern lebend, minorenn sein.

Martina Rohde

Ein Alter kann man, glaube ich, grundsätzlich nicht angeben. Ich habe
häufig festgestellt, das z. B. ältere Töchter (über 20), solange sie noch
im Hause lebten und nicht verheiratet waren, als minorenn geführt
wurden.

Martina Rohde

Nach meiner Erfahrung macht sich das nicht nur am gesetzlichen
Volljährigkeitsalter fest.

Majorenn = selbständig.
Minorenn = noch nicht selbständig, noch im Haushalt der Eltern lebend.
Das waren oft ältere, unverheiratete Töchter oder auch mal ein "alter"
Sohn, der Aufgrund geistiger Erkrankung sein Leben lang bei den Eltern
lebte.

Martina Rohde

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Das läßt sich so definitv nicht sagen. Ich habe gerade einen Eheeintrag
in der Pfalz gesehen, wo der 23jährige Bräutigam als minorenn einge-
tragen war.

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majorenne Kinder = volljährig
minorenne Kinder = nicht volljährig

Nach dem Reichsgesetz von 1875:
= Volljährigkeit nach vollendetem 21. Jahr = Ehemündigkeit
20 Jahre (Männer), 16 Jahre (Frauen),
aber bei ehelichen Kindern mit Einwilligung des Vaters
bis zum 25. Jahr (Söhne) bzw. 24 Jahr (Töchter).

Andreas Schneider

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Gernot Holstein schreibt:

Entstanden aus 'maior' (lat.) = größer, älter.

Majorenne Kinder sind die volljährigen, erwachsenen und mündigen
Kinder. Die minorennen Kinder sind logischerweise die minderjährigen.

Die Volljährigkeit trat damals noch mit der Vollendung des 21. Lebens-
jahres ein.

Wissenswert ist in diesem Zusammenhang, daß die Mitglieder des Hohen-
zollernschen Königs- und Fürstenhauses bereits damals mit dem vollen-
deten 18. Lebensjahr volljährig wurden.

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maiorenn / majorenn, minorenn

Von lateinisch: maiorennis, minorennis.
Zusammengesetzte Wörter mit "-ennis", einem Adjektivsuffix von annus =
das Jahr, also = "-jährig, Jahres-, -jährlich", u. ä.

Aus "maior" = "größer, älter, bejahrter" und dem Suffix "-ennis"
Also ist die Bedeutung "(ausreichend) älter an Jahren, alt genug,
volljährig". Ebenso mit "minor" = kleiner, jünger. Also "jünger an Jahren,
noch nicht alt genug, minderjährig".

Aus zahlreichen KB-Einträgen über meine Ahnen aus dem Raum Halle /
Saale im 19. Jh. läßt sich schließen, daß sich diese Begriffe jeweils aus-
schließlich auf das Alter und damit auf die Volljährigkeit bezogen.
Majorenn, das zeigen auch die jeweiligen Altersangaben, war damals also
jemand, der 21 Jahre und älter war, darunter minorenn - gültig für den
Unstrut-Saale-Raum; in anderen Regionen konnte auch ein abweichendes
Volljährigkeitsalter geregelt sein.

Jürgen Fritsche

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Re: 'majorenn' und 'minorenn'.

Beitragvon -sd- » 22.01.2023, 11:29

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Ganz allgemein war der Mann in der ersten Hälfte der 1800er Jahre mit
23 Jahren noch minderjährig. Volljährigkeit wurde 1812 erst mit dem
vollendetem 25tem Lebensjahr erreicht.

Aber in Heiratseinträgen wird niemals von der Rechtsgeschäftsfähigkeit der
Brautleute (minorenne = unmündig, majorenne = mündig) die Rede sein,
weil nur Mündige eine rechtswirksame Ehe eingehen können. Wenn ein 23
jähriger Mann, dem an der Volljährigkeit noch zwei Jahren fehlen, eine 21
jährige heiratet, dann haben beide für diese Ehe die Zustimmung ihrer Eltern
erhalten. Aber damit nicht genug; mit ihrer Zustimmung zur Heirat entließen
die Eltern ihre Kinder auch aus der Unmündigkeit in die Mündigkeit, erklärten
implizit ihre Kinder als rechtsgeschäftsfähig ...

Wenn Braut und Bräutigam vor dem Altar standen, dann mag aus Sicht des Al-
ters manchmal noch ein Kind vor dem Altar gestanden haben, aus rechtlicher
Sicht waren es zwei als mündig erklärte Erwachsene.

Siegfried Rambaum

-

Geregelt ist das im Preußischen Landrecht von 1794.
Volljährig war der Mann erst mit 28 Jahren, aber nur
wenn er unabhängig vom Vater war. Auch danach
konnte der Vater einer Ehe widersprechen, wenn der
Sohn von ihm abhängig war.
Ausnahmen waren im gegenseitigen Einverständnis
möglich.

Udo Morschka

Bisher war ich der Meinung, daß die Altersgrenze hier generell
bei 25 Jahren lag.

-

Nach meiner Erfahrung macht sich das nicht nur am gesetzlichen
Volljährigkeitsalter fest.

Majorenn = selbständig, minorenn = noch nicht selbständig,
noch im Haushalt der Eltern lebend.
Das waren oft ältere, unverheiratete Töchter oder auch mal ein
"alter" Sohn, der Aufgrund geistiger Erkrankung sein Leben lang
bei den Eltern lebte.

Martina Rohde

-

Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten (1794)

ERSTER THEIL
Erster Titel
Von Personen und deren Rechten überhaupt

Unterschied des Alters.

§. 25. Wenn von den Rechten der Menschen, in Beziehung
auf ihr Alter, die Rede ist, so heißen Kinder diejenigen,
welche das siebente, und Unmündige, welche das vierzehnte
Jahr noch nicht zurückgelegt haben.

§. 26. Die Minderjährigkeit aber dauert, ohne
Unterschied des Orts der Herkunft und des Standes,
bis das vier und zwanzigste Jahr zurückgelegt ist.

Unterschied der Seelenkräfte.

§. 27. Rasende und Wahnsinnige heißen diejenigen,
welche des Gebrauchs ihrer Vernunft gänzlich beraubt sind.

§. 28. Menschen, welchen das Vermögen, die Folgen ihrer
Handlungen zu überlegen, ermangelt, werden blödsinnig genannt.

§. 29. Rasende und Wahnsinnige werden, in Ansehung der
von dem Unterschied des Alters abhangenden Rechte, den Kindern;
Blödsinnige aber den Unmündigen gleich geachtet.

§. 30. Verschwender sind, welche durch unbesonnene und unnütze
Ausgaben, oder durch muthwillige Vernachläßigung, ihr Vermögen
beträchtlich vermindern, oder sich in Schulden stecken.

§. 31. Diejenigen, welche als Verschwender gerichtlich erklärt
sind, werden den Minderjährigen gleich geachtet.

Bernd Niemann, Bamberg

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