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Gesetz zur Reform des Personenstandsgesetzes 01.01.2009.

Verfasst: 25.10.2024, 11:24
von -sd-
Nachstehend eine Weiterleitung aus der bavaria-L;
der Autor ist mit der Weitergabe an andere Listen einverstanden.

Autor: Ferdinand Schwarz ferdi@asamnet.de

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Wie schon mehrfach in der Liste informiert wurde, tritt zum 01.01.2009
das Gesetz zur Reform des Personenstandsgesetzes in Kraft. An diesem
Gesetz wurde, wie in den letzten Jahren üblich, bis kurz vor dem Inkraft-
treten "herumgestrickt". Änderungswünsche äußerte der Bundesrat
noch im November 2008.

Für Ahnenforscher sind bei dieser Reform besonders die Vorschriften
über die Benutzung des Personenstandsregisters und der Sammelakten
von Bedeutung.
§ 61 Abs. 1 Satz 1 PSTG bestimmt, daß für die Benutzung der bei den
Standesämtern geführten Personenstandsregister und Sammelakten
bis zum Ablauf der in § 5 Abs. 5 PStG gestgelegte Fristen (Eheregister
80 Jahre, Geburtenregister 110 Jahre, Sterberegister 30 Jahre) die §§
62 bis 66 PStG maßgeblich sind.

Ich möchte nun als Leiter eines kleineren Standesamtes der Gemeinde
Freudenberg (4.500 Einwohner) diesen nüchternen Gesetzestext etwas
erläutern.

Dies bedeutet, daß vor Ablauf der obengenannten Fristen nur Abkömm-
linge und Verwandte 1. Grades (Bruder, Schwester) Einsicht in die
Personenstandsregister erhalten. Bisher nur direkte Abkömmlinge.
Aus diesen Registern werden auch wie bisher Personenstandsurkunden
ausgestellt.

Nach Ablauf der Fortführungsfristen sind die Personenstandsregister, die
Sicherungsregister und die Sammelakten nach den jeweiligen archiv-
rechtlichen Vorschriften den zuständigen öffentlichen Archiven zur
Übernahme anzubieten.

Diese neue Vorschrift bedeutet, daß alle Personenstandseinträge die
älter als die festgelegten Fristen sind, nicht mehr dem Standesamt zu-
geordnet sind, sondern dem jeweiligen Archiv. Dieses Archivgut steht
grundsätzlich auch natürlichen Personen auf Antrag für die Benützung
zur Verfügung, soweit ein berechtigtes Interesse an der Benutzung
glaubhaft gemacht wird
. Ein berechtigtes Interesse ist insbesondere
auch dann gegeben, wenn die Benutzung zu wissenschaftlichen, heimat-
kundlichen und familiengeschichtlichen Zwecken erfolgt. Das Archivgut
steht somit gerade auch den Genealogen zur Benutzung zur Verfügung.

In unserem Standesamt werden wir so verfahren, daß die Personen-
standsbücher wie bisher im Standesamt untergebracht bleiben.
Aufgrund der jeweiligen Fristen ist unser zuständiger Sachbearbeiter
in der Doppelfunktion als Standesbeamter (Fälle die jünger als die
vorgegebenen Fristen sind) und als Gemeindearchivar (für alle älteren
Fälle) zuständig. Aus den jüngeren Personenstandsbüchern kann der
Standesbeamte wie bisher entsprechende Urkunden ausstellen. Für die
älteren Fälle ist er als Archivar nur mehr zur Erstellung von Fotokopien
ermächtigt.

Nachdem diese Regelung sicherlich nur bei kleineren Standesämtern
möglich ist, wird in größeren Kommunen das Archivgut des Standes-
amts sicherlich an das Stadt- oder Gemeindearchiv abgegeben.
Die bei den Landratsämtern aufbewahrten "Zweitbücher" oder wie sie
jetzt heißen "Sicherungsakten" dürften an die jeweiligen Staatsarchive
abgegeben werden.

Demnach hat der Ahnenforscher ab 01.01.2009 die Möglichkeit, Perso-
nenstandseinträge sowohl bei den Staatsarchiven als auch bei den
Gemeinden einsehen zu können. Eine Voranfrage, wo die Unterlagen
aufbewahrt werden, wäre jeweils sinnvoll.

Einen Hinweis möchte ich noch zu den Sammelakten geben, deren Exi-
stenz vielen bisher nicht bekannt war. Zu jedem Personenstandsfall
(Geburt, Heirat, Tod) werden Sammelakten angelegt, in denen die für
die Beurkundung erforderlichen Unterlagen zusammengefaßt werden
.
Die Vorlage dieser Sammelakten erfolgt nach den gleichen Vorschriften
wie bei den Standesamtseinträgen. Hierzu wurde in der letzten
Standesamtsdienstbesprechung folgender Hinweis erteilt:

Hinsichtlich des Umfangs des Benutzungsrechts an den Sammelakten,
die weitaus mehr Daten umfassen als die Einträge, sollte wie bisher der
in § 48 DA niedergelegte Grundsatz gelten, nach dem die Übermittlung
aus den Sammelakten nur hinsichtlich solcher Angaben und Unterlagen
gestattet ist, die für Zwecke der Beurkundung des Personenstandsfalles
erhoben worden sind. Diese Beurteilung muß dann jeder Standesbeamte
bzw. Archivar selbst feststellen.

Nach diesen "trockenen" Ausführungen möchte ich noch darauf hinweisen,
daß die Standesbeamten bei Dienstbesprechung im Dezember 2008 konkret
in die Gesetzgebung eingeführt wurden, die Vordruckverlage unter enormen
Zeitdruck stehen und die Einweisung in die erforderliche Standesamts-
Software erst in den kommenden Wochen und Monaten erfolgen kann.
Deshalb sollte nicht jeder Ahnenforscher gleich in den ersten Wochen des
neuen Jahres die Standesämter und Kommunalarchive stürmen.

Für Rückfragen, soweit ich Auskunft geben kann, stehe ich gerne zur
Verfügung.

Ferdinand Schwarz, Freudenberg